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Ertrinken: die lautlose Gefahr

Ertrinkungsunfall Kind Titelbild
Inhaltsverzeichnis

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Ertrinken: Die lautlose Gefahr

Aufgrund der anhaltend hohen Temperaturen in diesem Sommer, können die meisten von uns es kaum erwarten, endlich an den nahegelegenen See, das Freibad oder an den Strand zu fahren und die Abkühlung im Wasser zu genießen.

 

Doch so schön ein Tag am Wasser auch ist; er hat auch seine Schattenseiten und birgt Gefahren. Vor allem für Kinder.

 

Denn jedes Jahr ereignen sich an den Gewässern dramatische Unfälle. Da ich an der Küste wohne, höre und sehe ich leider regelmäßig die Rettungshubschrauber in unserer Region und auch die Berichte über tödliche Badeunfälle häufen sich in jeder Badesaison.

 

Daher möchte ich auch in diesem Jahr auf ein Thema eingehen, das zwar schwer und beängstigend, daher aber umso wichtiger in der Aufklärung ist:

 

Ertrinkungsunfälle

Ertrinkungsunfälle sind nicht nur unfassbar dramatisch und enden oftmals tödlich, sondern sie ereignen sich in der Regel still und lautlos. Warum das so ist und was ihr beachten solltet, erfahrt ihr im folgenden Beitrag.

 

Ertrinken, die Fakten

Das Thema ist, ganz ohne Frage, beängstigend und dramatisch. Allerdings kann man aus meiner Sicht nicht oft genug darüber sprechen. Denn die Zahlen machen deutlich, dass wir -immer noch- einen Aufklärungsbedarf haben!

 

Ertrinkungsunfälle: Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit reicht aus

In den meisten Fällen ereignen sich Ertrinkungsunfälle in einem kurzen Moment der Ablenkung. Fatal an ihnen ist außerdem, dass diese tragischen Unfälle lautlos passieren: die Kinder gehen „einfach unter“, d.h. man hört es nicht, sondern bekommt diesen Moment nur dann mit, wenn man sein Kind wirklich im Auge hat.

Ertrinken: die lautlose Gefahr

Denn Kinder (auch Erwachsene) ertrinken in der Regel nicht laut. Sie strampeln nicht, sie rufen nicht um Hilfe, sie gehen meist einfach unter. Und wenn man diesen Moment nicht mitbekommt, kann es sehr schnell zu spät sein. Ich möchte mit diesem Beitrag keine Angst machen. Ich möchte informieren und dadurch eure Antennen für diese lautlose Gefahr sensibilisieren.

Denn aufgrund der begrenzten Möglichkeiten des Schwimmunterrichts während der Pandemie und des Personalmangels in den regionalen Badeanstalten, haben wir relativ viele Nichtschwimmer und sollten daher ein ganz besonderes Augenmerk auf alle kleinen und großen Mitmenschen im und am Wasser haben.

Schwimmunterricht ist wichtig:

Gut (wirklich gut) schwimmen zu können, ist natürlich eine Grundvoraussetzung, um die Gefahren eines eventuellen Ertrinkungstodes zu minimieren. Daher ist ein regelmäßiger Schwimmunterricht, z.B. in den Schulen auch so wichtig. Pandemie-bedingt fiel er in den letzten Jahren sowohl in den Schulen als auch in den Schwimmbädern häufig aus, so dass wir auch in dieser Saison sehr viele Nicht-Schwimmer haben.

Ertrinkungsunfall Kind

Ertrinken: auch gute Schwimmer können in Gefahr geraten

Und auch wenn (Klein-)Kinder besonders gefährdet sind, können auch Erwachsene, nicht selten sogar „gute Schwimmer“, in Gefahr geraten, wenn sie z.B. das Meer falsch einschätzen und evtl. Strömungen nicht kennen bzw. nicht beachten.

Noch ein Grund mehr also, über dieses Thema zu schreiben und möglichst viele Menschen damit zu erreichen.

Ertrinken: Potenzielle Helfer, die das Drama nicht erkennen

Das Fatale an den eh schon fatalen Ertrinkungsunfällen ist unter anderem auch die Tatsache, dass oft sogar Menschen in der Nähe sind, die helfen könnten, die jedoch die Gefahr der Situation nicht erkennen bzw. falsch einschätzen.

Infolgedessen gehen oft genug wertvolle und lebensrettende Minuten verloren. Die Fehleinschätzung ist tatsächlich ein recht häufiges Phänomen, das daher kommt, dass das Ertrinken (auch bei Erwachsenen) meist leise und „unscheinbar“ abläuft.

Warum das so ist, möchte ich euch im Folgenden erklären.

Ertrinken: Der Grund für die Stille eines Ertrinkenden

Der Grund für die Stille bei Ertrinkungsunfällen sind die Überlebensinstinkte des menschlichen Körpers, die in einer solchen Notfallsituation ablaufen.

Taucht ein Mensch unfreiwillig in kaltes Wasser ein (und dabei bedeutet kalt: alles, was unterhalb der Körpertemperatur von 37 °C liegt), so kommt es in der Folge zu mehreren, parallel ablaufenden Reaktionen im Körper.

Diese Reaktionen betreffen nicht nur die Atmung, sondern auch das Kreislaufsystem, die Muskulatur und das Nervensystem. Je höher der Temperaturunterschied zwischen Körper- und Wassertemperatur ist und je mehr Hautfläche in Kontakt mit dem kalten Wasser gekommen ist, umso ausgeprägter ist die Körperreaktion.

In der Folge dieser Reaktionen kommt es letztendlich zu einer Bewusstlosigkeit mit Herzstillstand, zum Einatmen von Wasser (=Aspiration) und infolge des Sauerstoffmangels zum Tode. Mehr dazu erfahrt ihr auch in diesem Beitrag (siehe hier).

Ertrinken: Keine Kraft für Hilferufe!

Während eines Ertrinkungsunfalles ist der Mensch nicht mehr in der Lage den gleichzeitigen Ablauf von Schwimm- und Atembewegungen zu steuern.

Der Körper erzwingt ein Schwimmversagen, in dem es nur noch darum geht, Luft zu holen und eingeatmetes Wasser abzuhusten. Ertrinkenden fehlt in einer solchen Situation schlichtweg die Kraft für Hilferufe oder das Herbeiwinken von potenziellen Helfern.

Sekundäres Ertrinken Kinder

Ertrinken: Was kann ich tun, wenn ich unsicher bin, ob ein Mensch im Wasser in Gefahr ist?

Sprecht den- oder diejenige an und fragt, ob alles in Ordnung ist. Kann die Person antworten, ist (zunächst) alles okay. Behaltet sie dennoch im Auge.

 

Bekommt ihr keine Antwort, dann eilt zur Hilfe oder fordert schnellstmöglich Hilfe an. Einen Ertrinkenden erkennt ihr außerdem daran, dass er sehr tief im Wasser liegt bzw. aussieht, als würde er aufrecht im Wasser stehen und Wassertreten.

 

Der Blick ist meist glasig und die Atmung beschleunigt. Wenn ihr eines der Anzeichen sehen solltet, dann handelt bitte schnell. Vergesst dabei aber auf keinen Fall, auf eure eigene Sicherheit zu achten. Denn nur ein sicherer / gesicherter Retter ist auch ein erfolgreicher Retter!

 

Besonderheiten zu Ertrinkungsunfällen bei (Klein-)Kindern:

Bei (Klein-)Kindern gibt es einige Besonderheiten, die dazu führen, dass sie besonders gefährdet sind. Durch den verhältnismäßig großen Kopf haben sie einen anderen Körperschwerpunkt.

 

Geraten sie beim Hinfallen mit dem Gesicht ins Wasser, so sind sie nicht in der Lage, die Beine unter den Körper zu ziehen und aus eigener Kraft aufzustehen. Ertrinken ist bei ihnen somit auch in einer sehr geringen Wassertiefe möglich!

 

Außerdem führt der Kontakt des Gesichtes mit kaltem Wasser zum sog. Eintauchreflex (reflektorischer Atemstillstand mit Stimmritzenkrampf). Dies kann zum sog. „trockenen Ertrinken“ führen. Kinder ertrinken somit im eigentlichen Sinne nicht, sie ersticken vielmehr.

 

Im Gegensatz dazu kommt es beim „feuchten Ertrinken“ zu einem Ersticken infolge der Einatmung von Wasser (= Aspiration); in diesem Fall wäre die Lunge (z.B. bei einer anschließenden Obduktion feucht; während sie es beim trockenen Ertrinken nicht wäre).

 

Jedes Jahr sterben auf diese Weise Kinder in Gartenteichen, kleinen Bächen und Regentonnen. In tieferen Gewässern gehen Kinder Erfahrungsberichten zufolge einfach unter. Sie versinken im wahrsten Sinne des Wortes, wie ein Stein im Wasser und kommen von alleine nicht wieder hoch.

 

Ertrinken: Vorbeugende Maßnahmen

Beachtet grundsätzlich die allgemeinen Baderegeln und auch die Hinweisschilder am Meer oder anderen Gewässern. Gerade bei starken Unterwasserströmungen im Meer kann eine Nichtbeachtung lebensgefährlich sein.

 

Sichert gerade mit Kleinkindern alle Wasserstellen (auch die unscheinbaren) in eurer Umgebung peinlich genau ab und behaltet eure Kinder stets im Auge! Stets bedeutet lückenlos.

 

Eure Kinder sollten frühzeitig schwimmen lernen. Sobald sie es können, sollte ihr zusammen mit ihnen auch das Schwimmen in bewegten Gewässern üben. Und zwar regelmäßig! Denn nur so können sie ihre Fähigkeiten im Wasser trainieren. Bitte beachtet, dass ein Seepferdchen-Abzeichen zwar ein Grund zum Feiern ist, es jedoch in keinster Weise bedeutet, dass ihr euer Kind unbeaufsichtigt im Wasser baden lassen könnt.

 

In Fachkreisen bezeichnen erfahrene Schwimmlehrer das Seepferdchen-Abzeichen sogar als „Lizenz zum Ertrinken“, da es zu einer trügerischen Sicherheit führen kann. Das regelmäßige Schwimmen in unterschiedlichen Gewässern ist u.a. auch deshalb wichtig, weil die Verhältnisse an einem Fluss oder am Meer anders sind, als in einem überschaubareren und ruhigen Pool.

 

Und auch wenn eure Kinder scheinbar schon gut und sicher schwimmen können: lasst sie auch dann nicht aus den Augen!

 

Wann gilt ein Kind als „wassersicher“?

Grundsätzlich gilt ein Kind erst dann als „wassersicher“, wenn es:

Anhand dieser Angaben könnt ihr übrigens auch gut überprüfen, wie es um eure Rettungsfähigkeit steht.

Solltet ihr bei einigen Punkten ins Überlegen kommen, dann sollte ihr nicht nur ganz besonders darauf achten, dass euer Kind in keine gefährliche Situation gerät, sondern auch eure eigene Schwimm- und Rettungsfähigkeit trainieren.

Bleibt stets in Sicht- und Reichweite eures Kindes

Wenn eure Kinder im Wasser sind, sollten sie stets in eurer Sicht- und Reichweite bleiben. Zum Ertrinken reicht schon ein kurzer Moment aus – diese wertvolle Zeit verschwendet ihr mit jedem Meter, den ihr zum Kind laufen oder schwimmen müsst.

Auch die Badeaufsicht kann mit ihrer Aufmerksamkeit gerade woanders sein und bietet keinen sicheren Schutz.

Die Verantwortung und Aufsicht sollte bei euch bleiben. Selbst dann, wenn eure Kinder gar nicht im Wasser sind. Denn viele Badeunfälle passieren beim unbeabsichtigten Hineinfallen der Kinder in ein Gewässer.

Verlasst euch nicht auf andere:

Die Verantwortung zur Beaufsichtigung liegt bei euch. Verlasst euch dabei bitte nicht auf andere.

Auch wenn an bewachten Badestellen das Risiko für einen Ertrinkungsunfall geringer ist, so kann z.B. eine andere Mutter, die kurz die Aufsicht übernehmen soll und dann möglicherweise mehrere Kinder zu beaufsichtigen hat, die Verantwortung nicht übernehmen.

Auch ein Bademeister oder die Rettungsschwimmer am Strand können durch ein anderes Ereignis abgelenkt sein oder in einem überfüllten Freibad oder Strandbereich den Überblick verlieren.

GANZ WICHTIG:

Überlasst einem (größeren) Geschwisterkind niemals die Aufsicht. Zum einen ist ein Kind idR nicht in der Lage, ein ertrinkendes Kind zu retten, ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen. Darüber hinaus würde auch das Leben dieses Kindes im Falle eines tragischen Unfalls lebenslang durch schwere Schuldgefühle geprägt sein.

Ein Kind kann daher niemals die Verantwortung für die Sicherheit eines anderen Kindes tragen. Dafür sind wir Erwachsenen verantwortlich!

Verlasst euch nicht auf Schwimmhilfen und Co.

Schwimmhilfen bergen Gefahren, indem sie eine mitunter trügerische Sicherheit vermitteln. Kinder, die sich z.B. mit Schwimmhilfen in tieferes Wasser begeben oder mit den Schwimmhilfen vom Beckenrand ins Wasser springen, lernen nicht, wie sich ihr Körper ohne die Schwimmhilfe im Wasser verhält.

Sie gehen davon aus, dass ihr Körper nicht untergeht, weil sie es nicht anders kennen.

Darüber hinaus können Kinder mit einer Schwimmhilfe, z.B. bei plötzlich auftretendem Wind oder einer Windböe, schnell in tiefe Gewässer abreiben.

Bitte bedenkt, dass Schwimmhilfen ausschließlich zur Unterstützung dienen können, niemals aber zur alleinigen Sicherheit.

Gerade Kleinkinder haben aufgrund des oben erwähnten verlagerten Körperschwerpunktes Probleme, die Balance zu halten und kippen nicht selten mitsamt der Schwimmhilfe um. Einmal unter Wasser geraten, schaffen sie es nicht, sich aus eigener Kraft wieder umzudrehen.

Auch Schwimmsitze bergen Gefahren und sind im eigentlichen Sinne keine Schwimmhilfe, sondern lediglich ein Wasserspielzeug. Dieses Spielzeug dürfen Kinder im Wasser wirklich nur dann benutzen, wenn Eltern direkt daneben stehen!

Kinder vorm Ertrinken schützen

(Kopf-)Sprünge vom Beckenrand oder in unbekannte Gewässer sind gefährlich

Verletzung am Kopf

Sprünge vom Beckenrand eines Pools oder in unbekannte Gewässer sind insofern gefährlich, als dass man sich dabei den Kopf stoßen und durch die anschließende Benommenheit in Gefahr geraten kann.

Desorientierung unter Wasser

Außerdem kann es -gerade bei Kindern- zu einer Desorientierung unter Wasser kommen, so dass „oben und unten“ nicht mehr unterschieden werden kann und das Wasser zur Gefahr wird.

Strömungen, die die Wassertiefe schnell verändern können

Aus meiner persönlichen Erfahrung an der Ostsee weiß ich, dass durch die Strömungen der Sand am Meeresboden kontinuierlich bewegt wird.

Dort, wo gestern noch eine ausreichende Tiefe für einen Sprung ins Wasser war, kann am nächsten Tag durch eine Sandbank die Wassertiefe deutlich geringer und somit lebensgefährlich sein!

Auch Bauchklatscher können gefährlich werden

Auch ein sog. „Bauchklatscher“ kann über einen Druck auf den Solarplexus (Nervengeflecht im Bauchraum) zur Bewusstlosigkeit führen.

Vorsicht auch beim Brandungssog

Der Brandungssog in Ufernähe des Meeres ist ebenfalls gefährlich und kann durch ein Wegziehen der Beine und ein Überschlagen unter Wasser ebenfalls zu einer erschwerten Orientierung führen.

 

Erste Hilfe bei einem Ertrinkungsunfall

Wichtig: Ruft laut um Hilfe, um andere Menschen auf den Notfall aufmerksam zu machen und weitere Helfer zu aktivieren. Und achtet bei bei der Bergung eines Ertrinkenden immer auch auf den Eigenschutz.

Insbesondere in offenen Gewässern können Strömungen auch für Ersthelfer (lebens-)gefährlich werden.

Wenn ihr ein Kind nach einem Ertrinkungsunfall aus dem Wasser geborgen habt, dann solltet ihr umgehend Folgendes tun:

Ist das Kind bewusstlos und atmet? 

Kontrolliert, ob die Atemwege frei sind und bringt das Kind in die stabile Seitenlage. Sie ist wichtig, damit z.B. Erbrochenes abfließen kann.

Ist das Kind bewusstlos und atmet nicht mehr? 

Kontrolliert, ob die Atemwege frei sind und beginnt anschließend sofort mit der Beatmung und einer Herzdruckmassage (siehe unten). Ihr solltet keine Zeit damit verschwenden, das Kind auf den Bauch zu drehen oder zu schütteln, um das Wasser aus der Lunge zu entfernen. Es funktioniert nicht, kann im Zweifel sogar schaden und vergeudet kostbare Zeit.

Nicht aufhören, bis der Notarzt übernimmt! Das „lohnt“ sich immer, auch wenn es aussichtslos erscheint.

Außerdem solltet ihr versuchen, ein weiteres Auskühlen des Körpers zu verhindern, indem ihr die nassen Badesachen entfernt und das Kind in eine Decke o.ä. wickelt.

Die Unterkühlung ist auch nach der Rettung eine ernste Gefahr. Allerdings sollte die Temperatur auf keinen Fall eigenmächtig und zu schnell ausgeglichen werden.

Kinder ertrinken

„Sekundäres oder zweites Ertrinken“: Gibt es das?

Im Zusammenhang mit dem Begriff Ertrinken gibt es viele verschiedene Begrifflichkeiten. Unter anderem taucht in diesem Zusammenhang immer wieder auch der Begriff des „sekundären oder zweiten Ertrinkens“ auf. Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass ein Mensch im Nachgang an einen Bade- oder Ertrinkungsunfall infolge des Einatmens von Wasser (= Aspiration) verstirbt.

Warum der Begriff per Definition falsch ist, beschreibe ich euch gleich.

Unabhängig von fachlichen Definitionen ist mir jedoch Folgendes ganz wichtig:

Auch wenn ein Kind nach einem ungewollten Untertauchen im Wasser nicht bewusstlos war, vermeintlich „nur ein bisschen Wasser geschluckt hat“ und anschließend auffällige Symptome zeigt, solltet ihr einen Arzt aufsuchen bzw. ins Krankenhaus fahren.

Doch was hat es mit dem Begriff auf sich?

Auch wenn es das „sekundäre“ Ertrinken laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fachlich gar nicht gibt, möchte ich es an dieser Stelle aufgreifen.

Definition „Ertrinken“

Die WHO bezeichnet das Ertrinken als einen Prozess, bei dem es durch das Eintauchen des Kopfes bzw. Gesichtes in eine Flüssigkeit (meist Wasser), zu einem Sauerstoffmangel kommt.

Hält der Sauerstoffmangel über einen gewissen Zeitraum an, so endet er tödlich und wird als „Ertrinken mit Todesfolge“ bezeichnet. Wird die ertrinkende Person gerettet und überlebt, so wird es als „Ertrinken ohne Todesfolge“ bezeichnet.

Nun gibt es beim Ertrinken jedoch einige Besonderheiten, die in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Bezeichnung geführt haben. Sie gelten z.T. zwar als veraltet, werden im Alltag jedoch noch häufig verwendet, so dass ich sie euch kurz erklären möchte:

 

Begrifflichkeiten

 

Beinahe-Ertrinken (= Ertrinken ohne Todesfolge)

Beschreibt die Situation, wenn ein Betroffener aus dem Wasser geborgen und erfolgreich reanimiert werden konnte.

 

Feuchtes Ertrinken

Taucht ein Mensch unfreiwillig in Wasser ein, laufen im Körper zahlreiche Reaktionen ab.

 

Diese führen einerseits dazu, dass ein Ertrinkender meist keine Kraft mehr hat, um Hilfe zu rufen oder Hilfe herbeizuwinken, da ihm dafür im Überlebenskampf schlichtweg die Kraft fehlt.

 

Andererseits führt dieser Vorgang bei ausbleibender Rettung zum Einatmen von Wasser (=Aspiration). Durch die Flüssigkeit wird der Gasaustausch in der Lunge behindert, was in der Folge zum Sauerstoffmangel und letztlich zum Tode führt.

 

Da in einem solchen Fall Wasser in der Lunge nachweisbar ist, bezeichnet man diese Form des Ertrinkens auch als „feuchtes Ertrinken“.

 

Trockenes Ertrinken

Bei (Klein-)Kindern ist es meist anders. Bei ihnen kommt es durch das Untertauchen des Gesichtes in Wasser (auch bei geringer Wassertiefe, z.B. in der Badewanne) zum sog. Eintauchreflex, der zu einem Stimmritzenkrampf führen kann.

 

Als Folge dessen ist die Sauerstoffversorgung unterbunden und es resultiert ein tödlicher Sauerstoffmangel (=Ersticken).

 

Da in diesen Fällen idR kein Wasser in die Lunge gerät, spricht man auch vom „trockenen“ Ertrinken. In einer solchen Situation schaffen es Kinder nicht, die Beine unter den Körper zu ziehen und sich aus eigener Kraft aus der Gefahrensituation zu retten.

 

Primäres Ertrinken

In beiden Fällen kommt es, quasi als direkte Folge des Kontaktes von Wasser und Atemwegen, zu einem tödlichen Sauerstoffmangel.

 

Daher werden diese Formen auch als „primäres Ertrinken“ oder eben als „Ertrinken mit Todesfolge“ bezeichnet. Am häufigsten betroffen sind dabei Personen, die nicht schwimmen können (z.B. Kinder), oder die durch Erschöpfung oder Bewusstlosigkeit im Wasser untergehen.

 

Wird eine ertrinkende Person nach einem Bade- oder Ertrinkungsunfall gerettet, so wird dies, wie oben erwähnt, als „Ertrinken ohne Todesfolge“ bezeichnet.

 

Sekundäres oder verzögertes Ertrinken

Allerdings kann es (selten) auch nach einer erfolgreichen Rettung -als Spätfolge einer Aspiration- zu massiven Atemproblemen und letztlich auch zum Tode kommen.

 

Weil in solchen Fällen der Tod verzögert eintritt, wurde der Begriff des „sekundären=verzögerten Ertrinkens“ geprägt.

 

Gelegentlich wird der Begriff des „sekundären Ertrinkens“ auch in dem Zusammenhang verwendet, dass das Ertrinken als Folge eines anderen akuten Geschehens erfolgt, z.B. bei einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krampfanfall.

 

Ertrinken ist nicht gleich Ertrinken

Ihr seht, es ist schon ein ganz schönes Begriffs-Wirrwarr, das einem beim Thema Ertrinken „entgegenschwappt“. Daher hat sich die WHO bei ihrer Definition auf lediglich zwei Arten des Ertrinkens festgelegt. Ertrinken mit oder ohne Todesfolge.

 

Weil es jedoch, wenn auch selten, Fälle gibt, in denen es nach einem Badeunfall auch noch nach einer zeitlichen Verzögerung zu Atemproblemen kommen kann, möchte ich mit diesem Beitrag auch darauf aufmerksam machen. Denn egal, wie die Definitionen sind: wir sollten jeden Badeunfall –vor/während/und danach- sehr ernst nehmen!

 

Schutzmechanismen des Körpers

Wenn man sich mit Wasser „verschluckt“ und auf diesem Wege unfreiwillig Wasser einatmet, so gelangt in den meisten Fällen glücklicherweise nicht sehr viel Wasser in die Lunge.

 

Für diese Fälle hat der Körper nämlich einen ganz wunderbaren Schutzmechanismus, den wir alle kennen und der idR sehr effektiv ist: den Hustenreiz.

 

Wenn jedoch eine größere Menge Wasser eingeatmet wird, so ist dieser Hustenreiz mitunter nicht ausreichend und kann, auch wenn es selten ist, weitreichende Folgen haben.

 

Was passiert, wenn Wasser in die Lunge gerät?

Gelangt (eine „größere Menge“) Wasser in die Lunge, führt es dort zu einer Entzündungsreaktion, die den Gasaustausch und somit die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff beeinträchtigt.

 

Die Folge ist ein Sauerstoffmangel, der sich, auch noch Stunden später, durch folgende Symptome bemerkbar machen kann

 

Mögliche Symptome nach einer Aspiration von Wasser:

Was tun?

Wenn ihr nach einem Badetag und vor allem nach einem Untertauchen des Kopfes unter Wasser, diese Symptome beobachtet, dann ruft bitte sofort den Notarzt. Eine Situation, in der ein Kind oder auch ein Erwachsener, keine Luft mehr bekommt, ist immer ein Notfall!

 

Grundsätzlich gilt: Besser einmal zu viel nachgefragt und beim Arzt vorgestellt, als einmal zu wenig!

 

Neben diesem Grundsatz habe ich in meinem medizinischen Alltag jedoch auch Folgendes gelernt:

 

Häufiges ist häufig und Seltenes ist selten!

Daher: keine Panik, wenn euer Kind sich „mal verschluckt“; egal, ob in der Badewanne, im Schwimmbad oder beim Trinken. Meist ist mit einem kurzen und ggf. heftigen Hustenreiz die Gefahr gebannt.

 

Außerdem kommt es nach einem feucht-fröhlichen Tag im Wasser, sehr viel häufiger zu harmlosen (wenn auch unangenehmen) „Nebenwirkungen“. Nämlich dann, wenn die Kinder versehentlich oder gewollt Meer- oder Pool-Wasser runterschlucken.

 

Dies ist meist harmlos, da das Wasser dabei nicht in die Atemwege, sondern in den Magen-Darm-Trakt gelangt und dort zu Übelkeit und ggf. Erbrechen oder Durchfall führen kann. Den betroffenen Kindern geht es nach dem Erbrechen bzw. einem Gang zur Toilette meist wieder besser. Sie wirken allenfalls etwas „angeschlagen“, jedoch nicht vital bedroht.

 

Wenn euer Kind ähnliche Symptome nach einem Badetag aufweist und ihr euch nicht sicher seid bzw. Angst habt, dass es sich in der Nacht verschlechtern könnte, dann lasst es z.B. nachts in eurer Nähe schlafen und beobachtet auch in den folgenden Tagen den Allgemeinzustand eures Kindes.

 

Solltet ihr unsicher sein, oder Atembeschwerden auftreten, dann lasst euer Kind umgehend medizinisch untersuchen!

 

Erste-Hilfe nach dem ABC-Schema bei Kindern:

Zum Schluss noch eine kleine Auffrischung zu diesem wichtigen Thema:

ABC-Schema:

Beim älteren Kind erfolgt eine Mund-zu-Mund oder eine Mund-zu-Nase Beatmung. Bei einer Mund-zu-Mund Beatmung wird die Nase des Kindes mit Daumen- und Zeigefinger zugehalten. Bei der Mund-zu-Nase Beatmung hält man den Mund des Kindes verschlossen.

 

Der Brustkorb des Kindes sollte sich bei der Beatmung leicht heben, d.h. ihr solltet bei der Atemspende so viel Luft spenden, bis sich der Brustkorb des Kindes leicht hebt. Bei Säuglingen oder Kleinkindern kann das u.U. weniger sein, als ihr selbst einatmet. 

 

Ihr beginnt mit 5 Atemspenden

 

Erste Hilfe rettet Leben:

Da das Thema Erste Hilfe beim Kind immer noch mit sehr vielen Ängsten und Unsicherheiten verbunden ist, möchte ich euch dringend raten, einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen oder eure Kenntnisse in dem Bereich aufzufrischen. Im Netz gibt es dazu viele Anbieter.

Einige von euch wissen vielleicht, dass ich seit dem letzten Jahr Teil des Teams von „Erste-Hilfe-rettet-Leben“ bin.

Wenn ihr euch einen solchen Kurs in Ruhe zu Hause anschauen möchtet und Wert darauf legt, nicht nur im Falles eines lebensbedrohlichen Notfalls die Reanimation zu beherrschen, sondern auch über verschiedenste Unfallschwerpunkte im Kindesalter (Verbrennungen, Verbrühungen, Vergiftungen, oder auch Sonnenbrand und Co.) Bescheid zu wissen, dann kann ich euch den Online-Kurs „Erste-Hilfe-rettet-Leben“ empfehlen (auch wenn es „Werbung in eigener Sache“ ist, ist das gewünschte Ziel dahinter Folgendes): Im Notfall zu wissen, was zu tun ist.

Denn das Einzige, das man in einem Notfall falsch machen kann, ist nichts zu tun!

Mit dem Gutschein KINDERHERZTIN30 bekommt ihr 30% Preisnachlass und habt damit lebenslangen Zugriff auf den Kurs. Darüber hinaus werdet ihr regelmäßig an wichtige Kursinhalte erinnert, um das Wissen dauerhaft zu vertiefen. Und wenn ihr lieber einen anderen Kurs kaufen oder besuchen möchtet: wunderbar!

Denn ganz egal, wo ihr es lernt; wichtig ist, dass ihr es lernt und im Notfall anwenden könnt.

Ich freue mich, dass ihr den langen, aus meiner Sicht jedoch wichtigen, Beitrag bis hierher durchgelesen habt und wünsche euch weiterhin eine unbeschwerte und v.a. unfallfreie Badesaison.

Anmerkung: Alle medizinischen Beiträge auf meinem Blog dienen ausschließlich der Information. Sie ersetzen in keiner Weise den Arztbesuch bei gesundheitlichen Beschwerden.

Alles Gute

eure

Snježi

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2 Antworten

  1. Danke für diese tolle, ausführliche und detaillierte Aufschlüsselung! Verstehe ich das richtig, dass, wenn Wasser in die Lunge kommt immer erst mal gehustet wird? Viele Grüße!

    1. Liebe Steffi,
      sofern der Mensch bzw kleine / große Patient bei Bewusstsein ist und die Schutzreflexe vorhanden sind, ja. Es hängt natürlich auch von der Gesamtsituation bzw auch der Menge der verschluckten (= aspirierten) Flüssigkeit ab. Aber Husten ist ein Schutzfeflex, der aktiviert wird, wenn ein Fremdkörper oder Flüssigkeit versehentlich in die Atemwege gelangt. Bei einer kleinen Menge, kennt es sicher jede:r, die/der sich schon einmal verschluckt hat. Im Zweifel sollte aber immer ärztlicher Rat eingeholt werden, wenn die Situation unklar ist.
      Liebe Grüße
      Snjezi

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